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Vertragsrecht in der Schweiz
Mündlich, schriftlich, elektronisch – Verträge können auf verschiedene Arten geschlossen werden. Doch wann braucht es zwingend eine Unterschrift? Und welche weiteren Anforderungen gelten je nach Vertragsform? Ein kurzer Überblick über das Vertragsrecht in der Schweiz – inkl. FAQ.
Formvorschrift oder Formfreiheit?
Ein Vertrag gilt als Vereinbarung zwischen mindestens zwei Personen, die sich zu einer Leistung verpflichten möchten. Ein Formzwang für Verträge gilt nur dann, wenn das gesetzlich geregelt ist. Ansonsten können Verträge grundsätzlich formfrei – also zum Beispiel auch mündlich – geschlossen werden. Hierbei gibt es jedoch einige Probleme. Zum einen fehlt beispielsweise ein physischer Nachweis. Im Zweifelsfall lässt sich eine mündliche Vereinbarung nur schwer beweisen. Zum anderen sind schriftliche Verträge meistens präziser ausformuliert und Missverständnisse können besser vermieden werden. Deshalb ist die Formfreiheit bei gewissen Geschäften gesetzlich eingeschränkt. Im Schweizer Vertragsrecht gibt es grundsätzlich vier verschiedene Vertragsformen:
- Formfrei
- Einfache Schriftlichkeit
- Qualifizierte Schriftlichkeit
- Notarielle Beurkundung (inkl. Überbeglaubigung )
Die drei «schriftlichen» Vertragsformen im Detail
Einfache Schriftlichkeit
Diese Vertragsform soll als Beweismittel dienen und die schwächere Vertragspartei schützen. Zwei Elemente sind hierbei zentral bzw. notwendig: Der Vertragsinhalt muss schriftlich festgehalten und anschliessend von beiden Vertragsparteien unterzeichnet werden.
Qualifizierte Schriftlichkeit
Auch für die qualifizierte Schriftlichkeit gelten die Anforderungen der einfachen Schriftlichkeit. Bei dieser Formvorschrift kommen jedoch noch weitere dazu. So kann zum Beispiel verlangt werden, dass der Inhalt handschriftlich verfasst und dann unterschrieben wird. Das ist beispielsweise bei einem Testament der Fall. In anderen Fällen müssen gewisse inhaltliche Elemente – zum Beispiel bestimmte Klauseln – zwingend im Schreiben aufgenommen werden.
Notarielle Beurkundung (inkl. Überbeglaubigung)
Die Beurkundung ist die strengste Formvorschrift von diesen dreien. Sie kommt insbesondere zum Zug, wenn es um sehr grosse Beträge, zum Beispiel Immobilien, oder Verträge als Grundlage für die Eintragung in gewisse öffentliche Register geht.
Hauptsächlich im internationalen Kontext gibt es darüber hinaus noch die sogenannte Überbeglaubigung. Diese ist unter gewissen Umständen notwendig, damit ein Vertrag auch in einem anderen Land anerkannt wird.
Die Umsetzung im Alltag
Betrachten wir einen klassischen Kaufvertrag. Sie bezahlen einen Kaufpreis und erhalten im Gegenzug eine Kaufsache. Das sind die Leistungspflichten. Gemäss Art. 184 ff OR gibt es für diese Art von Vertrag keine Formvorschriften. So müssen Sie, wenn Sie zum Beispiel beim Bäcker ein Brötchen kaufen – ja, auch das ist ein Kaufvertrag – nichts unterzeichnen. Den Vertragsparteien ist jedoch freigestellt, auch in solchen Fällen einen Kaufvertrag schriftlich zu schliessen. So würden Sie zum Beispiel vermutlich nie ein Auto kaufen oder verkaufen, ohne etwas Schriftliches in den Händen zu haben. Das Gleiche gilt für einen Arbeitsvertrag. Gemäss OR kann ein gewöhnlicher Arbeitsvertrag zwar formfrei geschlossen werden, in der Realität kommt das jedoch nur sehr selten vor.
Häufig gestellte Fragen
Welche Verträge können digital unterschrieben werden?
Sofern gesetzlich nichts anderes definiert ist, können alle Verträge elektronisch geschlossen werden. So gibt es zum Beispiel in der Schweiz das «eigenhändige Testament» (Art. 505 ZGB) , das aktuell nicht digital signiert werden kann. Vielmehr muss dieses nicht nur handschriftlich unterzeichnet, sondern auch handschriftlich verfasst werden muss. Des Weiteren ist es zum aktuellen Zeitpunkt in der Schweiz nicht möglich, Verträge, welche notariell beglaubigt werden müssen, elektronisch zu unterzeichnen. Dazu gehören unter anderem Ehe- und Erbverträge. Dasselbe gilt für Dokumente, welche eine Überbeglaubigung benötigen.
→ Weitere Informationen zu den drei Signatur-Standards und ihren Anwendungsfällen
Hinweis: Die oben verlinkten Beispiele bieten Ihnen eine mögliche Orientierung. Bei Unsicherheiten empfehlen wir Ihnen, eine Rechtsberatung zu konsultieren
Wie müssen elektronisch signierte Dokumente aufbewahrt werden?
Die Echtheit von elektronischen Signaturen kann nur elektronisch überprüft werden. Auf Papierform ist dies nicht möglich. Deshalb müssen elektronisch signierte Dokumente auch elektronisch archiviert werden. Die ordnungsgemässe Ablage und Archivierung von Daten ist in der Schweiz hauptsächlich in der Geschäftsbücherverordnung (GebüV) geregelt. Sie definiert zum Beispiel, dass Informationsträger vollständig und nicht veränderbar sein müssen und jederzeit verfügbar gemacht werden können. Bei Informationsträgern, die veränderbar sind, müssen zwingend die Zugriffe protokolliert werden.
Bedeuten rechtsgültig und beweiskräftig dasselbe?
Rechtsgültig und beweiskräftig dürfen nicht verwechselt werden. Rechtsgültig bedeutet, dass etwas aus rechtlicher Sicht gültig ist. Beweiskräftig hingegen meint, dass etwas vor Gericht als Beweis dienen kann.
Für elektronische Signaturen bedeutet das folgendes:
- Rechtsgültig: Eine qualifizierte elektronische Signatur ist in der Schweiz, sofern die Anforderungen gemäss Art. 14 Abs 2bis OR erfüllt sind, der handschriftlichen Unterschrift gleichgestellt und entfaltet die gleiche Rechtswirkung. Eine einfache elektronische Signatur hingegen kann nur dann rechtsgültig sein, wenn für ein Dokument keine Formvorschrift gilt.
- Beweiskräftig: Die Beweiskraft einer einfachen elektronischen Signatur ist grundsätzlich sehr schwach. Es kann nur schwer nachgewiesen werden, wer ein Dokument tatsächlich unterzeichnet hat. Das heisst aber nicht, dass sie keinesfalls als Beweis dienen kann. Eine qualifizierte elektronische Signatur hingegen hat sehr viel höhere Beweiskraft, da sich der Urheber mit grosser Bestimmtheit nachweisen lässt.
Im Falle der einfachen und qualifizierten elektronischen Signatur ist die Ausgangslage ziemlich logisch. Etwas spezieller ist es bei der fortgeschrittenen Signatur. Für die Rechtsgültigkeit gilt das gleiche wie für die einfache elektronische Signatur. Die Beweiskraft hingegen ist deutlich höher. Ähnlich wie bei der qualifizierten elektronischen Signatur lässt sich hier nämlich ziemlich bestimmt nachweisen, wer Urheber einer Signatur ist.
Ist ein Vertrag ohne Unterschrift gültig?
Ob ein Vertrag auch ohne Unterschrift geschlossen werden kann, hängt von der Formvorschrift ab. Formfreie Verträge sind zum Beispiel auch dann gültig, wenn sie mündlich geschlossen werden. Wie weiter oben im Text jedoch bereits erwähnt, kann das bei Streitigkeiten zu Problemen führen, da häufig weder Vertragsinhalt noch -abschluss bewiesen werden können.
Wann ist eine handschriftliche Unterschrift rechtsgültig?
Mit Kreuzen oder sonstigen Symbolen zu unterschreiben ist rechtlich grundsätzlich nicht gültig. Eine rechtsgültige Unterschrift muss zwingend den vollen Nachnamen enthalten. Ob der Vorname oder zumindest dessen Anfangsbuchstabe hinzugefügt werden, kann jeder selbst entscheiden. Natürlich gilt jedoch: Je länger die Unterschrift, schwieriger ist es sie zu fälschen.